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Hochofenprozess und Stahlherstellung
Eisen ist heute das bedeutendste Gebrauchsmetall. Prinzipiell könnte man mit Hilfe der Thermit-Reaktion sehr schnell und effizient Roheisen erzeugen. Ein Nachteil besteht darin, dass es bei dieser Reaktion um die 2400 °C heiß wird. Dies würde eine enorm temperaturbeständige Ausführung eines Reaktionsbehälters benötigen. Ein kontinuierliches Arbeitsverfahren wäre nicht möglich. Außerdem ist Aluminium als Reduktionsmittel sehr teuer. Dass sich auch Kohle als Reduktionsmittel eignet, wurde mit dem Beginn der Eisenzeit entdeckt.


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Als Rohstoffe eignen sich Eisenerze, die im Tagebau oder im Tiefbau gewonnen werden. Die Erze enthalten die Mineralien Hämatit, Limonit oder Magnetit, sie sind stets mit Begleitmineralien, der Gangart, verunreinigt. Beim Pelletieren werden Erze wie das Roteisenerz mit einem Bindemittel versetzt und zu kleinen Pellets geformt. Beim Sintern nimmt man bereits eine Vorreduktion vor. Das Erz wird teilweise auch mit Kalk vermischt und beim Verbrennen von Koks zu porenreichem Sinter verarbeitet.


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Der Hochofen besteht aus einem bis zu 75 Meter hohen Stahlmantel. Dieser ist mit einer eineinhalb Meter dicken Schicht aus feuerfesten Steinen ausgekleidet. Der Hochofen wird oben immer abwechselnd mit dem Möller, einem Gemisch aus Erz und Kalk, und mit Koks beschickt. Im äußeren Mauerwerk befinden sich Hohlräume, durch die ständig Wasser zur Kühlung fließt. Das Kühlsystem darf nie abreißen, manche Hochöfen haben daher mehrere abgeschlossene Kühlsysteme.


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LupeHochofen in Dillingen, Saarland


Im unteren Bereich münden Düsen in den Hochofen. Durch diese wird unter Druck bis zu 1200 °C heiße Luft in den Hochofen geblasen. Die heißen Abgase verlassen den Hochofen im oberen Teil. Dieser wird auch Gicht genannt. Durch die leicht nach unten verbreiterte Form kann das oben zugegebene Material im Hochofen ständig nachrutschen. Je höher die Temperatur ist, umso mehr dehnt sich das Material aus.
    

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Gicht des Hochofens


Die über die Ringleitungen hinzugeblasene Heißluft strömt im Gegenstromprinzip an dem nachrutschenden Möller und Koks vorbei. In der Schmelz- und Verbrennungszone reagiert der zugefügte Koks mit der Heißluft. Bei dieser exothermen Reaktion wird auch Wärme freigesetzt, die zum Aufheizen des Ofens genutzt wird. Es entstehen Temperaturen bis zu 2000 °C.

Schritt 1a: Kohlenstoff  +  Sauerstoff reagiert zu   Kohlenstoffdioxid 
C  +  O2reagiert zu   CO2   
ΔHR = −393 kJ/mol 
  
Das Kohlenstoffdioxid wird beim Aufsteigen durch den glühenden Koks zu Kohlenstoffmonooxid reduziert. Oberhalb 900 °C liegt bei dem sogenannten Boudouard-Gleichgewicht überwiegend Kohlenstoffmonooxid vor:
  
Schritt 1b: Kohlenstoffdioxid  +  Kohlenstoff im Gleichgewicht zu
   Kohlenstoffmonooxid 
CO2  +  C im Gleichgewicht zu   2 CO    
ΔHR = +171 kJ/mol 
   
Das weiter aufsteigende Kohlenstoffmonooxid reduziert das Eisenerz zu Eisen und wird dabei selbst wieder zu Kohlenstoffdioxid oxidiert:   
   
Schritt 2: Kohlenstoffmonooxid  +  Eisenoxid reagiert zu  Kohlenstoffdioxid  +  Eisen 
3 CO  +  Fe2O3 reagiert zu   3 CO2  +  2 Fe 

   
In der nächsten darüber liegenden Koksschicht wird das Kohlenstoffdioxid wieder nach Schritt 1b zu Kohlenstoffmonooxid reduziert, und die Vorgänge wiederholen sich von neuem. Beide Kohlenstoffoxide treten an der Gicht aus dem Hochofen aus und gelangen zu den Winderhitzern. Dort wird das brennbare Kohlenstoffmonooxid entzündet und zum Aufheizen der Luft verwendet, die wieder über die Ringleitungen in den Hochofen hineingeführt wird.


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Die restliche Gangart des Gesteins verbindet sich mit dem zugegebenen Kalk zur Schlacke. Sie besitzt eine geringe Dichte und schwimmt über dem flüssigen Roheisen. Dadurch wird dieses vor einer Oxidation durch den Heißwind geschützt. Schlacke und Roheisen fließen abwechselnd durch ein verschließbares Abstichloch in eine Rinne aus Sand. Zuerst kommt das Roheisen, später dann die Schlacke. Am Abscheider wird darüber stehende Schlacke vom Roheisen getrennt. Das noch flüssige Roheisen gelangt in große Güterzugwaggons, die Torpedo genannt werden, zum Stahlwerk. Die Schlacke dient zur Herstellung von Schotter und Zement. Ein großer Hochofen kann pro Tag bis zu 13000 Tonnen Roheisen erzeugen. Die Betriebszeit beträgt 8 bis 15 Jahre.

     
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Serienbilder zum Hochofen


Zum Hochofen liegt eine Serie in 14 Bildern zur Lösungskontrolle vor. Die Lösungen werden beim Durchklicken im Vollbildmodus nach und nach eingeblendet. Die Serie kann zur Erarbeitung des Arbeitsblattes zum Hochofen verwendet werden. Es liegt auch ein Text vor, den man gleichzeitig vorlesen kann.



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Veredelung des Roheisens nach dem Sauerstoffblasverfahren  
   
Mit Frischen ist das Verbrennen des unerwünschten Kohlenstoffs und anderer Verunreinigungen im Roheisen bis zu einem bestimmten Restbestandteil gemeint. Agricola beschrieb bereits um 1550 ein „Frischfeuer“ zur Herstellung von Stahl. Damit meinte er das Erhitzen des geschmolzenen Roheisens mit Hilfe von Luft aus Blasbälgen. Die Bessemerbirne und die Thomasbirne gelten als Vorläufer des späteren Konverters. Bei diesen heute nicht mehr angewandten Verfahren wurde Druckluft verwendet. Die entscheidenden Vorarbeiten für das Einblasen mit reinem Sauerstoff gehen auf die Arbeiten des Schweizer Metallurgen Robert Durrer (1890–1978) aus dem Jahr 1928 zurück. Auch der in Estland geborene US-Amerikaner Georg Otto Lellep (1884–1975) arbeitete zwischen 1936 und 1940 an einer Verbesserung. Nach dem 2. Weltkrieg, im Jahr 1949, führten Theodor Eduard Suess und Rudolf Rinesch bei den Vereinigten Österreichischen Eisen- und Stahlwerken (VÖEST) in Linz und Donawitz umfangreiche Testreihen durch. Sie resultierten im heute noch angewandten Linz-Donawitz-Verfahren, das auch unter dem Namen Sauerstoffblasverfahren bekannt ist.

Das Roheisen aus dem Hochofen enthält bis zu 10% Verunreinigungen und besitzt für die Verwendung als Stahl einen viel zu hohen Kohlenstoffgehalt. Außerdem ist es spröde und nicht schmiedbar. Zu reines Eisen wäre aber wieder zu weich, daher wird bei der Stahlherstellung nur ein Teil der Verunreinigungen entfernt.
Ein riesiger Behälter, der sogenannte Konverter mit einer feuerfesten Ausmauerung, wird zu etwa 70 % mit flüssigem Roheisen und zu 30 % mit Stahlschrott gefüllt. Daneben kommen auch noch andere Zuschläge hinzu, zum Beispiel Flussmittel oder Legierungsbestandteile. Ein einziger Konverter kann bis zu 400 Tonnen Material fassen.


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Beim Frischen bläst man 10 bis 20 Minuten lang reinen Sauerstoff über eine wassergekühlte Sauerstofflanze auf die Schmelze. Die Sauerstoffzugabe erhöht die Temperatur wesentlich, und sie ermöglicht durch die heftige Reaktion eine gute Vermischung. Die entstehenden Gase verursachen ein Aufschäumen der Schlacke. Um zu verhindern, dass vom Stahl Wasserstoff als Stahlschädling aufgenommen wird, bläst man vom Boden her noch Argon ein. Beim Frischen wird der Kohlenstoffgehalt auf etwa 2 % gesenkt, wobei der Sauerstoff mit den Verunreinigungen reagiert:

Schwefel +   Sauerstoff reagiert zu  Schwefeldioxid
Phosphor +   Sauerstoff reagiert zu  Phosphorpentoxid
Kohlenstoff +   Sauerstoff reagiert zu  Kohlenstoffdioxid
Silicium
+   Sauerstoff
reagiert zu  Siliciumdioxid 

Über dem Konverter befindet sich ein Abzug zum Absaugen der toxischen Gase. Nach dem Blasvorgang wird der Konverter geneigt, so dass die weißglühende Stahlschmelze über die Abstichöffnung in eine Pfanne fließt und von der darüber liegenden Schlacke getrennt wird. Die Schlacke wird danach über den Konverterrand abgegossen und teilweise auch für den nächsten Blasvorgang wiederverwendet. Der noch etwa 1600 °C heiße und flüssige Stahl wird von der Pfanne kontinuierlich in Stränge gegossen. Während man früher den Stahl direkt in Formen vergoss, wird heute das Stranggießen angewandt. Erst nach dem Erstarren des Stranges kann der Stahl geschnitten werden. In einem Ofen lässt man die noch rotglühenden Stücke abkühlen.

Im Elektrolichtbogenofen wird die erforderliche Hitze durch einen Lichtbogen zwischen einer Graphitelektrode und dem Inhalt im Konverter erzeugt. Dadurch kann man auch Legierungsbestandteile mit einem sehr hohen Schmelzpunkt wie Molybdän oder Wolfram einschmelzen. Zur Verbesserung der Qualität wird der Stahl heute meistens noch einer Nachbehandlung unterzogen. Bei dieser Sekundärmetallurgie werden die Legierungsbestandteile, der Schwefel- und auch der Phosphorgehalt ganz exakt eingestellt.


Serienbilder zum Sauerstoffblasverfahren

Zum Sauerstoffblasverfahren liegt eine Serie in 14 Bildern zur Lösungskontrolle vor. Die Lösungen werden beim Durchklicken im Vollbildmodus nach und nach eingeblendet. Die Serie kann zur Erarbeitung des Arbeitsblattes zum Hochofen verwendet werden. Es liegt auch ein Text vor, den man gleichzeitig vorlesen kann.



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Weitere Informationen  
   
Hochofenmodellversuch  
Reduktion  
Oxidation
Geschichte der Eisengewinnung
Eisenlegierungen



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