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Halogenkohlenwasserstoffe
Inhalt
Benennung
Stoffbeispiele
Herstellung
Eigenschaften
Verwendung

Chlormethan
 
Chlormethan

Die Halogenkohlenwasserstoffe als Stoffgruppe der organischen Chemie enthalten im Grundgerüst einen Kohlenwasserstoff und mindestens ein Halogen-Atom. Chlormethan ist ein einfacher Vertreter der Gruppe.


Benennung der Halogenkohlenwasserstoffe


Die Moleküle der Halogenkohlenwasserstoffe enthalten ein Grundgerüst aus einem Kohlenwasserstoff, bei dem Wasserstoff-Atome durch Iod-, Brom-, Chlor- oder Fluor-Atome ersetzt sind. Sie sind vor allem durch die Fluorchlorkohlenwasserstoffe FCKW bekannt geworden. Diese gehören zu den Hauptverursachern des Ozonlochs. Aber auch einige andere Halogenkohlenwasserstoffe besitzen dieses Potenzial.


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Nach der IUPAC-Nomenklatur erfolgt die Benennung durch das Voransetzen der vorhandenen Halogen-Atome vor dem Namen des Kohlenwasserstoff-Grundgerüstes. Sind mehrere Halogen-Atome in einem Molekül enthalten, werden diese in alphabetischer Reihenfolge genannt. Bei den Fluorchlorkohlenwasserstoffen FCKW ist auch die umgekehrte Reihenfolge üblich, weil sich das in der Alltagssprache so eingebürgert hat. Bei der Summenformel werden zuerst die C-, und die H-Atome aufgezählt, dann erst die Halogen-Atome.   

 
Name IUPAC Chlor- methan Dichlor-
methan
Trichlor-
methan
Tetrachlor-
methan
Tetrachlor-
ethen
Struktur-
formel
 
Chlormethan


Dichlormethan


Chloroform


Tetrachlorkohlenstoff


PER

Summen-
formel
CH3Cl CH2Cl2 CHCl3 CCl4 C2Cl4
Trivialname Methylchlorid Methylenchlorid Chloroform Tetrachlorkohlenstoff Per
  

Beispiele für aliphatische Halogenkohlenwasserstoffe

Chlormethan (Methylchlorid)

Chlormethan ist ein farbloses, schwach süßlich riechendes, giftiges Gas, das narkotisierend wirkt. Der Siedepunkt liegt bei −23,8 °C. Das Einatmen des Gases kann zu schweren Nervenschädigungen führen. Leber-, Nieren- und Herzversagen führen schließlich zum Tode. Außerdem steht es im Verdacht, eine krebserzeugende Wirkung zu besitzen. Es wird in der organischen Chemie als Zwischenprodukt zur Herstellung von anderen organischen Verbindungen benötigt. Chlormethan darf nicht mit Alkali- oder Erdalkalimetallen in Berührung kommen, da hierbei eine Explosion auftreten kann. 
  

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Dichlormethan (Methylenchlorid)

Dichlormethan ist eine farblose, nicht brennbare Flüssigkeit, die in Wasser schwer, in Alkohol leicht löslich ist. Der Siedepunkt liegt bei +40 °C. Die Flüssigkeit verdampft bereits bei Raumtemperatur. Die Dämpfe reizen die Augen, höhere Konzentrationen führen zu Rauschzuständen und Bewusstlosigkeit. Wie Chlormethan steht es im Verdacht, eine krebserzeugende Wirkung zu besitzen. Es schädigt die Leber, das Blut und das zentrale Nervensystem. Nach neueren Untersuchungen kann es wie Tetrachlormethan die Ozonschicht zerstören. Dichlormethan dient als Lösungsmittel und Extraktionsmittel für Öle, Coffein, Harze, Wachse und ist in Fleckreinigungsmittel enthalten. Als Begasungsmittel wird es wie Brommethan oder Dichlorethan in Schiffscontainern zur Bekämpfung von Schädlingen eingesetzt. Dies kann beim Öffnen eines solchen Containers, sofern er vorher nicht intensiv belüftet wurde, bei den Werftarbeitern oder LKW-Fahrern zu schweren Vergiftungen führen. Mit Alkalimetallen oder mit Aluminium-Pulver reagiert Dichlormethan in einer Explosion. Diese Reaktion hat schon mehrfach zu schweren Unfällen in Laboren geführt. Auch die anderen Halogenalkane können mit Natrium oder Kalium explosiv reagieren. Natrium darf zum Beispiel nicht zum Trocknen von Halogenalkanen verwendet werden.
  
Trichlormethan (Chloroform)

Chloroform wurde früher als Pflanzenschutzmittel und als Narkosemittel verwendet. Diese Anwendungen sind heute verboten, da es Leberschäden verursacht und im Verdacht steht, krebserzeugend zu wirken. Außerdem besaß das Narkosemittel ein hohes Risiko: Viele Patienten starben an Herz- und Kreislaufversagen während der Narkose. Im Labor wird die süßlich riechende, farblose und nicht brennbare Flüssigkeit als Lösungsmittel verwendet. Unter Lichteinfluss bildet sich Phosgen und Chlorwasserstoff, daher wird es in braunen Flaschen aufbewahrt. Das käufliche Chloroform ist mit Ethanol stabilisiert, der mit dem entstehenden Phosgen reagiert und das Gas unschädlich macht. 
  
Tetrachlormethan (Tetrachlorkohlenstoff)
 
Das Halogenalkan Tetrachlorkohlenstoff ist eine farblose, nicht brennbare Flüssigkeit, die in Wasser nur wenig, in Ethanol, Ether oder Benzin gut löslich ist und fette Öle oder Harze gut löst. Wie Chloroform ist es stark leberschädigend und gehört zu den Stoffen mit einem möglichen krebserzeugenden Potenzial. Außerdem ist es schädlich für Wasserorganismen und schädigt die Ozonschicht. Tetrachlorkohlenstoff ist sehr reaktionsträge und wird von Säuren und Laugen nicht angegriffen. Unter Licht- und Wärmeeinwirkung entsteht besonders in Anwesenheit von Feuchtigkeit das Giftgas Phosgen. Daher ist seine Anwendung als Feuerschutzmittel heute verboten. Gemische mit Alkalimetallen wie Natrium und Kalium oder mit Aluminiumpulver können heftig explodieren. Tetrachlorkohlenstoff darf aufgrund der möglichen Gefahren nicht mehr als Lösungsmittel verwendet werden. 
  
Tetrachlorethen (PER) 

Das Halogenalken PER ist ebenfalls eine farblose nicht brennbare Flüssigkeit und wird heute in chemischen Reinigungen zur Textilreinigung eingesetzt. Es ist ein ausgezeichnetes Lösungsmittel für tierische und pflanzliche Fette und Öle. Trotzdem ist seine Verwendung sehr problematisch: Es wirkt wie die anderen Halogenkohlenwasserstoffe leberschädigend und gehört zu den im Verdacht stehenden, krebserzeugenden Stoffen. Problematisch sind eventuell vorhandene Rückstände in Textilien aus der chemischen Reinigung. Kleidungsstücke aus der chemischen Reinigung sollten daher vor dem Tragen gut ausgelüftet werden. Das Auslüften darf nicht in Wohn- oder Schlafräumen erfolgen. Besser ist jedoch der vollständige Verzicht auf das chemische Reinigen. Ein Blick auf das Etikett beim Kauf genügt, um zu entscheiden, ob das Kleidungsstück selbst gewaschen werden kann: 
  

   Symbole zur Reinigung von Kleidungsstücken   
   

Enthält ein Molekül zwei verschiedene Halogen-Atome, werden diese in der Reihe des Alphabets genannt. Die vorangestellten Ziffern kennzeichnen die Stellung der Halogen-Atome:    


Name (IUPAC) Bromtrifluor-
methan
Dichlordifluor
methan
2-Brom-2-chlor
1,1,1-trifluorethan
2,3,3,3-Tetra-
fluorpropen
Struktur-
formel
 
Bromtrifluormethan
 
Frigen
Halothan 
R-1234yf
Trivialname Halon 1301 Frigen 12
Halothan R-1234yf
  
  
Bromtrifluormethan (Halon 1301)

Halon 1301 war früher aufgrund seiner brandhemmenden Wirkung in Halon-Feuerlöschern enthalten. Die Verwendung von Halonen in Feuerlöschern ist heute in Deutschland aufgrund der ozonschädigenden Wirkung nicht mehr erlaubt. Als Halone werden alle brandhemmenden Halogenkohlenwasserstoffe bezeichnet, zum Beispiel Tetrachlormethan (Halon 104), Brommethan (Halon 1001) oder Bromchlordifluormethan (Halon 1211). 
   
Dichlordifluormethan (Frigen 12)

Frigen 12 ist ein nicht brennbares Gas, das früher in großem Umfang in Kühlschränken als komprimiertes Gas und als Treibgas in Spraydosen eingesetzt wurde. Kohlenwasserstoffe mit Chlor und Fluoratomen nennt man FCKW oder Fluorchlorkohlenwasserstoffe. Diese Stoffe haben sich als Hauptverursacher für die Zerstörung der lebensnotwendigen Ozonschicht in der Stratosphäre herausgestellt. 
   
2-Brom-2-chlor-1,1,1-trifluorethan (Halothan) 

Halothan ersetzt heute das früher verwendete Chloroform als Narkosemittel. Es ist eine leicht flüchtige, nicht brennbare Flüssigkeit mit einer Siedetemperatur von 50 °C. Zur Narkose wird die Flüssigkeit verdampft und inhaliert. Bei wiederholten Anwendungen kann es allerdings zu Leberschädigungen kommen. 
  
2,3,3,3-Tetrafluorpropen (R-1234yf)

Das Halogenalken R-1234yf ist ein gasförmiges Kältemittel für Kühlschränke und Klimaanlagen. Es greift die Ozonschicht nicht an und zersetzt sich relativ schnell in der Atmosphäre. Daher gilt es auch nicht als klimaschädigend. Allerdings entsteht als Abbauprodukt die giftige Fluorverbindung Trifluoressigsäure. Beim Einsatz in Klimaanlagen von Kraftfahrzeugen kann sich das Kältemittel entzünden und Brände verursachen.
  

Herstellung der Halogenkohlenwasserstoffe

Halogenkohlenwasserstoffe kann man durch eine Substitutionsreaktion eines Alkans mit einem Halogen herstellen. Brom reagiert zum Beispiel mit Hexan, wenn dieses erwärmt und mit UV-Licht bestrahlt wird. Dabei entsteht Bromhexan und Bromwasserstoff HBr.
  

  Substitutionsreaktion  


Brom in Hexanlösung und UV-Licht
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Beim Lösen von Brom in Hexan entsteht eine gelbbraune Lösung. Diese Lösung wird mit
UV-Licht bestrahlt. Beim Belichten und beim Schütteln entfärbt sich die Lösung allmählich.

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Eine andere Herstellungsmöglichkeit ist die Additionsreaktion eines Halogens an ein Alken oder an ein Alkin.
Leitet man zum Beispiel Ethen in Brom oder in Bromwasser, verschwindet das Brom, ohne dass UV-Licht benötigt wird. Mit dieser Reaktion wird die Kohlenstoff-Mehrfachbindung nachgewiesen. Die Zweifachbindung im Ethen wird aufgebrochen, und zwei Brom-Atome addieren sich an das Molekül, so dass man als einziges Reaktionsprodukt 1,2-Dibromethan erhält.
  

Additionsreaktion



Ethen entfärbt Brom

Beim Einleiten von Ethen in Brom wird dieses aufgebraucht.

>Film


Eine weitere Herstellungsmöglichkeit der Halogenalkane ist die Additionsreaktion von Bromwasserstoff an ein Alken in der Gasphase oder in einem unpolaren Lösungsmittel:
 
HBr  +  Propen 
reagiert zu   1-Brompropan


Eigenschaften der Halogenkohlenwasserstoffe

Die meisten Halogenkohlenwasserstoffe haben ein gutes Lösungsvermögen für organische Lösungsmittel. Da die Kohlenstoff-Halogen-Bindung polar ist, besitzen die Halogenalkane einen höheren Siedepunkt als ein entsprechendes Alkan. Da sie nicht brennbar sind, wirken sie auch flammhemmend. Viele sind stark toxisch, schädigen die Leber oder können Krebs erzeugen. Einige wirken narkotisierend. FCKW's und einige andere zerstören die Ozonschicht.

Die Halogen-Atome in den Halogenkohlenwasserstoffen können dazu dienen, andere organische Stoffe herzustellen. Durch eine Eliminierungsreaktion kann man zum Beispiel aus 1,2-Dibromethan und Zinkpulver wieder Ethen herstellen. Wenn auch diese Reaktion technisch keine Bedeutung hat, weil Ethen auf anderem Weg viel günstiger hergestellt werden kann, wird sie oft im Chemieunterricht als Beispiel für eine typische Eliminierung herangezogen. Da 1,2-Dibromethan krebserzeugend ist, darf das Experiment an Schulen nicht mehr durchgeführt werden:

C2H4Br2   +   Zn   reagiert zu    C2H4   +   ZnBr2
1,2-Dibromethan  +  Zink
reagiert zu   Ethen  +  Zinkbromid

Die Halogen-Atome können auch durch eine Substitutionsreaktion ersetzt werden. Erhitzt man zum Beispiel Iodmethan mit Natriumhydroxid, erhält man Methanol und Natriumiodid. Das Iod-Atom wird durch eine Hydroxy-Gruppe ersetzt:

CH3I   +   Na+OH   reagiert zu    CH3OH   +  Na+I
Iodmethan  +  Natriumhydroxid
reagiert zu   Methanol  +  Natriumiodid


Verwendung der Halogenkohlenwasserstoffe

Halogenkohlenwasserstoffe werden als Lösungsmittel, Treibmittel, Kühlmittel, Narkosemittel und auch zur Flammhemmung eingesetzt. Aufgrund ihres gefährlichen Potenzials ist der Einsatzbereich der meisten Stoffe für Experimente an Schulen stark eingeschränkt!

DDT Lindan
DDT Strukturformel  Lindan Strukturformel  
Alte Bezeichnung: Dichlordiphenyltrichlorethan
IUPAC: 1,1,1-Trichlor-2,2-bis(4-chlorphenyl)ethan
Alte Bezeichnung: Gammexan
IUPAC: γ-Hexachlorcyclohexan


Insektizide wie DDT oder Lindan zählen ebenfalls zu den Halogenkohlenwasserstoffen. DDT ist ein aromatischer Halogenkohlenwasserstoff, Lindan ein cyclischer. Der Einsatz der beiden Stoffe ist heute in der EU und in der Schweiz verboten. DDT ist ein starkes Insektengift für Stechmücken und anderes Ungeziefer. Lindan wurde in Holzschutzmitteln, als Ameisengift oder zur Mottenbekämpfung eingesetzt. Es kann Säuglinge über die Muttermilch schädigen. Bei langanhaltender Aufnahme kleiner Mengen kann es zu chronischen Schäden am Zentralnervensystem kommen.

 
Bedeutung der Grignard-Verbindungen

Grignard-Reagenz
Für die Produktionswege der organischen Chemie stellen die Halogenkohlenwasserstoffe wichtige Zwischenprodukte zur Herstellung anderer organischer Verbindungen dar. Eine große Bedeutung für organische Synthesen spielen die Grignard-Verbindungen, die aus Monohalogenalkanen hergestellt werden. Magnesium reagiert zum Beispiel mit Monochlormethan in etherischer Lösung unter Bildung von Methylmagnesiumchlorid:
 
CH3Cl  +  Mg 
reagiert zu   CH3MgCl

Methylmagnesiumchlorid ist ein klassisches Grignard-Reagenz, das eine Vielzahl organischer Verbindungen "angreifen" und umwandeln kann. Mit Wasser bildet das Reagenz zum Beispiel in einer Substitutionsreaktion Methan und  Magnesiumbromidhydroxid:

CH3MgCl  H2O  reagiert zu   CH4  +  Mg(OH)Br

Bei der Reaktion mit Ethanal erhält man den sekundären Alkohol Propan-2-ol (Isopropylalkohol). Mit Propanon lässt sich der tertiäre Butylalkohol 2-Methyl-2-propanol herstellen.



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