Mit der Eröffnung des Zentrum Paul
Klees im Sommer 2005 und den von mir dort geleiteten Kursen bot sich mir
die Möglichkeit, ein Kubus mit einem Kunstwerk zu gestalten. Hierbei
entstand das Objekt niesen4, das im Foyer des Kindermuseums
Creaviva im Zentrum
Paul Klee ausgestellt wurde.
T. Seilnacht. niesen4,
Objekt mit Rohsteinen (1)
T .Seilnacht: niesen4,
didaktische Erläuterung
Ausgangspunkt für die Gestaltung
des Motivs war ein eigenes Foto, von dem ein Abzug im Inneren des Kubus
eingebaut ist. Auf einem Würfel ist auf den vier Seiten viermal das
gleiche Motiv in den Grundfarben blau, grün, gelb und rot dargestellt.
Vor jeder Darstellung steht ein Stein,
der zu den verwendeten Pigmenten
eine Beziehung herstellt. Die Farben (als vierte Dimension) werden vertreten
durch: Ultramarinblau - Lapislazuli,
Chromoxidgrün - Chromserpentin,
Gelber Ocker - Ockerstein, Eisenoxidrot
- Eisenerz. In dem zweiten Kubus wird das Farbenprojekt vorgestellt. Die
Grundidee dieses Projekts besteht darin, mit Schülern Farben aus den
Pigmenten selbst herzustellen. Als Bindemittel
wird das aus dem Milcheiweiß gewonnene Casein
verwendet. Die so hergestellten Farben sind von besonderer Leuchtkraft.
Die Erfahrungen mit Pigmenten und Farben vermittelte ich meinen Schülern
an der Schule und in den Kursen am Zentrum Paul Klee. Daraus entstand auch
die eigene Motivation, eine ganze Serie von „Niesenbildern“ mit selbst
hergestellten Farben zu malen. Zu dem Objekt niesen4
existiert ein gemaltes Bild in der Größe 60x60cm: Das Bild „Der
Niesen von Oberhofen aus“ entstand gleichzeitig mit dem Objekt und kombiniert
die verschiedenen Ultramarintöne:
T. Seilnacht: Der
Niesen von Oberhofen aus, Caseinfarben auf Holz, 60x60cm, 2005
Der Niesen ist aufgrund seiner Pyramidenform
und seiner exponierten Lage am schönen Thuner See eines der beliebtesten
Berg-Motive der Schweizer Maler. Der Niesen wurde oft von Ferdinand Hodler
(1853-1918), von Cuno Amiet (1868-1961) oder von dem zeitgenössischen
Maler Bendicht Friedli (*1930) gemalt. August Macke (1887-1914) hat den
Berg bei seinen Aufenthalten am Thuner See ebenfalls gemalt. Berühmt
sind natürlich auch Paul Klees (1879-1940) Darstellungen, zum Beispiel
sein berühmtes "Ad Parnassum", das allerdings nach einem Berg in Griechenland
benannt ist. Beide Berge besitzen die charakteristische Pyramidenform.
Mein Bild „Der Niesen mit Wasserspiegelung“
ist ein Versuch, die Pigmente Ultramarinblau,
Ultramarinviolett, Berliner Blau,
Chromoxidgrün und gelber
Ocker möglichst expressiv zu kombinieren. Die Casein-Farbe wurde
so grob aufgetragen, dass sich beim Trocknen riesige Casein-Kristalle
bildeten (siehe Vergrößerung). Die Stelle des Niesenblickes
mit Wasserspiegelung ist heute nur noch schwer zugänglich. Früher
hielt sich Ferdinand Hodler dort oft auf. Leider ist der Thuner See nicht
mehr so ruhig wie früher, da viele Boote darauf herumfahren.
T. Seilnacht: Der
Niesen mit Wasserspiegelung, Caseinfarben auf Holz, 60x60cm, 2005
Das bei der Vernissage am Zentrum Paul
Klee im Juni 2006 ausgestellte Bild "Blick auf die Berner Alpen" fand ich
als Motiv im Spätwinter in der Nähe der Lüderen Alp oberhalb
von Langnau. Den fernen Blick auf die Berner Alpen mit dem weiten Vorland
des Emmentals hat Fred Baumann (*1947) oft gemalt, wenn auch von anderer
Stelle aus. Die Poesie in seinen Bildern hat bei mir die innere Vorstellungskraft
in hohem Maße geweckt. Auf dem Titandioxidweiß
des Schnees schimmert ein Hauch von Chromoxidhydratgrün.
Das dunkle Preußisch Blau am
Himmel geht am Horizont in einen Hauch von rotem
Ocker über. Die (ockerfarbene) Wärme der Frühjahrssonne
durchdringt schon langsam das ganze Bild, sie spiegelt sich auf dem schmelzenden
Schnee.
T. Seilnacht: Blick
auf die Berner Alpen, Casein auf Holz, 50x50cm, 2006