Startseite  >>  Lexika  >>  Chemikerportraits

Joseph Louis Gay-Lussac
 
Gay-Lussac
 
geboren am 6. Dezember 1778 in Saint-Léonard-de-Noblat
gestorben am 9. oder 10. Mai 1850 in Paris

 
Lebenslauf

Aufgrund seiner mathematischen Fähigkeiten wurde der 18-jährige Gay-Lussac in Paris an die Schule "École Centrale des Travaux" (heute Polytechnikum) aufgenommen, wo er sich bewährte und von dort an die "École des ponts et chausées" gelangte. Hier arbeitete der französische Chemiker Claude Louis Graf von Berthollet (1748-1822), der das Talent des jungen Gay-Lussac erkannte und ihn unterstützte.  
  
Nach dem Studium arbeitete Gay-Lussac für kurze Zeit in einer Bleicherei. Nach der Schließung des Betriebs wurde er Repetitor am Polytechnikum. Bei dieser Aufgabe arbeitete er mit Studenten zusammen und ging mit ihnen den Lehrstoff durch. An der Hochschule erlangte er im Jahr 1808 den Professorenstatus, er wurde auch als Professor für Physik und Chemie an der Pariser Universität Sorbonne angestellt. Im gleichen Jahr verletzte sich Gay-Lussac bei einem Experiment mit Kalium schwer. Bei der Explosion verlor er einen Teil seines Sehvermögens. Bei einem späteren Unfall während der Destillation von Ölen wurde er schwer an der Hand verletzt. Diese Verwundung schränkte ihn erheblich ein. Sie bereitete ihm bis zu seinem Tod im Jahr 1850 viel Schmerzen. Trotz dieser Handicaps konnte sich das Talent des Chemikers entfalten.  
  
Gay-Lussac sprach mehrere ausländische Sprachen wie deutsch, englisch oder italienisch fließend. Er war über 40 Jahre mit seiner Frau Josephine verheiratet, die ihn in allen Bereichen unterstützte. Gay-Lussac arbeitete mit dem Naturforscher Alexander von Humboldt (1769-1859) und vor allem mit dem Pariser Chemiker Louis-Jacques Thénard (1777-1857) zusammen. 
  

Theorien und Werk

Schon um 1802 erkannte er die Gesetzmäßigkeit bei Gasen, dass das Volumen einer Gasportion bei gleichem Druck der Temperatur in Kelvin proportional ist. Nach dem Gesetz von Gay-Lussac dehnt sich ein Gas aus, wenn der Druck gleich bleibt und sich die Temperatur erhöht. 

Im Jahre 1804 stieg Gay-Lussac im Auftrag des Institut de France mit einem Wasserstoffballon mit dem Kollegen Biot zunächst auf 4000 Meter und später in einer zweiten Fahrt alleine auf über 7000 Meter über Meereshöhe. Es sollte erforscht werden, wie sich die Magnetnadel in größerer Höhe verhält. Dass die Magnetnadel keine nennenswerten Änderungen zeigte, war für Gay-Lussac nur ein Nebeneffekt. Die Untersuchung der Luftproben aus 7016 Metern Höhe ergab zunächst, dass die Luftzusammensetzung identisch wie die Luft am Boden war. Damit war die Annahme von John Dalton, dass sich die Luft in höheren Regionen anders zusammensetzt, nach Meinung von Gay-Lussac widerlegt. Allerdings war diese Messung entweder mit Fehlern behaftet oder Gay-Lussac stieg nicht hoch genug. Nach heutigem Kenntnisstand nimmt der Sauerstoffgehalt der Luft mit zunehmender Höhe ab. 
  
Im Jahre 1808 formulierte Gay-Lussac das Gesetz, dass Gase stets in Volumenverhältnissen kleiner ganzer Zahlen reagieren (Volumengesetz nach Gay-Lussac). Beispiele:
 
Wasserstoff und Chlor reagieren im Verhältnis 1 zu 1   
Wasserstoff und Sauerstoff reagieren im Verhältnis 2 zu 1   
Wasserstoff und Stickstoff reagieren im Verhältnis 3 zu 1  

Vorangegangen waren umfangreiche Experiment in Eudiometern, in denen Wasserstoff und Sauerstoff miteinander reagierten (>Experimente zu den Volumenverhältnissen bei Knallgasreaktionen).  
  
In der Folgezeit bestimmte er die Dampfdichte von zahlreichen Gasen (bei einem normierten Zustand), beispielsweise die Dampfdichte von Blausäure. Dadurch konnte die Genauigkeit der organischen Elementaranalyse verbessert werden. Hierbei verdampfte Gay-Lussac eine exakt abgewogene Menge einer Substanz und bestimmte dann die Dampfdichte des entstandenen Gases. 
  
Im anorganischen Bereich arbeitete Gay-Lussac an Herstellungsmöglichkeiten von Natrium, Kalium, Bor, Iod und der Iodwasserstoffsäure. Er erkannte die Ähnlichkeit von Iod und Chlor im Hinblick auf ihre Stoffeigenschaften (vgl. >Halogene). Zusammen mit Louis Jacques Thénard synthetisierte er durch eine Reduktion von Bortrioxid (B2O3) mit Kalium das Element Bor und galt damit als Mitentdecker des Elements (zusammen mit Thénard und Sir Humphrey Davy in London). Relativ reines Natrium und Kalium erhielten Gay-Lussac und Thénard durch eine Reduktion von Kaliumhydroxid oder Natriumhydroxid mit Kohle bei hoher Temperatur. Bei einem dieser Versuche kam es zu dem folgenschweren Unfall mit explodierendem Kalium, bei dem Gay-Lussac erhebliche Augenverletzungen davontrug.  
  
Zusammen mit Justus von Liebig erforschte er um 1818 in Paris die Zusammensetzung der Knallsäure (siehe bei >Liebig). Im Bereich der organischen Elementaranalyse lesiteten Gay-Lussac und Thénard wichtige Vorarbeiten für die späteren Arbeiten von Liebig. Sie entwickelten einen ausgefeilten Apparat, in dem die zu untersuchenden Substanzen mit Kaliumchlorat (später mit Kupferoxid) reagierten. Entstand bei der Verbrennung beispielsweise Kohlenstoffdioxid, wurde dieses in Kaliumhydroxid geleitet und durch eine Wägung konnte man den Kohlenstoffgehalt der Ausgangssubstanz ermitteln. 
  
Im Jahr 1830 führte Gay-Lussac die volumetrische Bestimmung von Silber mit Hilfe einer Kochsalzlösung ein. So konnte man den Gehalt von Silbermünzen exakt bestimmen. Aufgrund dieser und ähnlicher angewandten Methoden gilt Gay-Lussac als einer der Begründer der modernen Maßanalyse. Weitere Arbeiten befassten sich mit der Fabrikation von Schwefelsäure und mit der alkoholischen Gärung. 
  
Ein Großteil von Gay-Lussacs Arbeiten sind ohne die Mitarbeit des Kollegen Louis Jacques Thénard nicht denkbar. Beide Chemiker waren zeitlebens durch enge Freundschaft und Zusammenarbeit verbunden. Die Erkenntnisse wurden in zahlreichen Abhandlungen veröffentlicht, beispielsweise in den "Recherches physico-chimiques" (herausgegeben mit Thénard im Jahre 1811). Die analytischen Arbeiten hatten großen Einfluss auf Justus von Liebig. 
 
  
Empfehlenswerte Literaturquellen

  • Bloch, M.: Gay-Lussac und Thenard, in Günther Bugge: Das Buch der großen Chemiker, Weinheim 1929
  • Hoffmann, Dieter (Hg.), u.a.: Lexikon der bedeutenden Naturwissenschaftler, München 2004

© Thomas Seilnacht / Benutzerhandbuch / Lizenzbestimmungen / Impressum / Datenschutz