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Die Farbe Rot
 
Rosenblüte nach dem Regen
Rot gilt als Farbe des Feuers oder des Blutes. Im Hebräischen haben die Worte Blut und Rot den gleichen Ursprung: Rot heißt „adom“ und Blut heißt „dam“. Blut und Feuer besitzen sowohl eine positive als auch eine negative Besetzung. Dem Hass, dem Krieg, der Aggression und dem Blutvergießen stehen die Kraft, die Liebe, die Wärme und die Leidenschaft gegenüber. Das leuchtende Blutrot war bei den alten Griechen die Farbe der griechischen Kriegsgötter Phoebus und Ares. Der biblische Adam wurde aus roter Erde geschaffen. In den frühen Kulturen wurde das dunkle Rot des Blutes dem Weiblichen zugeordnet. Die „Mutter Erde“ spendete den roten Ocker, dem man lebenserhaltende Kräfte zuschrieb.
  
 
Symbolik Alchemie Machtsymbol Negatives Rot Wirkung
   
Symbolik
Im Isenheimer Altar erscheint Christus mit einem zinnoberroten Mantel. Die Farbe Rot in Christus' Gewand verkörpert eine ganze Reihe von Symbolgehalten: Es ist die Farbe der Märtyrer und deren Blut, es demonstriert Macht und Herrschaft über Leben und Tod, aber auch Glaube, Erfüllung und Liebe. Das Gewand erinnert an eine lodernde Flamme und symbolisiert im Streben gegen den Himmel das Sinnbild des Göttlichen. Der Kopf von Christus ist von einem gelborangen Strahlenkranz umgeben: Christus ist der Erlöser der Finsternis und führt uns zum Licht. Noch heute werden an Pfingsten die Altäre in katholischen Kirchen rot geschmückt, als Farbe des heiligen Geistes.  
  
  
Matthias Grünewald: Auferstehung Christi (1515)
     
Dieses Gemälde ist Teil des Isenheimer Altars.
 

Rot war wahrscheinlich die erste Farbe, die der Mensch wahrnehmen konnte. Bei Hirnverletzungen, die eine vorübergehende Blindheit auslösen, nimmt der Patient während der Genesung zuerst das Rot wieder wahr, bevor sich die anderen Farben einstellen. In der Frühgeschichte war sie die bedeutendste Farbe der Jagdvölker. Man schrieb ihr lebenserhaltende Kräfte zu, was zur Beigabe von rotem Ocker bei steinzeitlichen Bestattungen führte. So erklären sich Funde von ganz in Ockerpuder eingebetteten Skeletten. In manchen Gräbern finden sich bis zu zehn Kilogramm des roten Pigments. Die Höhlenmaler schrieben der roten Farbe Zauberwirkung zu. Das Wort Zauber hieß in der altnordischen Sprache taufr und ist mit dem angelsächsischen Wort teafor für roten Ocker verwandt. Es ist zu vermuten, dass sie die Tiere bewusst mit rotem Ocker oder mit Eisenoxidrot zeichneten, um deren Fruchtbarkeit magisch zu beschwören.  
   
Der Glaube, dass die Farbe Rot vor bösen Einflüssen schütze, war weit verbreitet. Gegenstände, Bäume und Tiere wurden deshalb mit roter Farbe bestrichen. Die Krieger färbten ihre Äxte und Speerschleudern mit roter Farbe, um den Waffen magische Zauberkräfte zu verleihen. Dieser Brauch ist heute bei den Aborigines in Australien teilweise noch üblich. Man nimmt an, dass die Jäger der Steinzeit und später auch die germanischen Krieger ihre Waffen oder sogar sich selbst im Blut der erlegten Tiere tauchten, wie der Held der Siegfried-Sage. Die Gladiatoren Roms tranken das Blut ihrer sterbenden Gegner, um deren Kräfte in sich aufzunehmen. Andere Völker badeten Neugeborene im Blut besonders schöner und kräftiger Tiere. Auch noch viele spätere Völker trugen rot bemalte Amulette oder rote Edelsteine wie den Granat oder den Rubin als Schutz vor dem „bösen Blick“. Man glaubte, dass das Tragen eines roten Rubins den Träger unverwundbar mache. Selbst im Mittelalter verwendete man in Deutschland noch rotes Bettzeug, da dieses vor „roten Krankheiten“ wie Fieber, Ausschlag oder bei Fehlgeburten helfen sollte. In Jan van Eycks Ölgemälde Vermählungsbild des Giovanni Arnolfini sieht man hinter dem Paar das ganz in Rot eingehüllte Bett. Die Farbe Grün im Gewand der Braut symbolisiert die Liebe.  
   
  
  Jan van Eyck: Vermählungsbild des Giovanni Arnolfini



Öl auf Holz, 1434
 
  
Das Tragen roter Bänder oder Tücher gehörte bei vielen Völkern zu den Hochzeitsbräuchen. Im 18. Jahrhundert heirateten in Nürnberg die reichen Patrizierinnen in einem roten Brautkleid. Diese Tradition gab es schon in der Römerzeit: Die römischen Bräute wurden mit einem feuerroten Tuch umhüllt, dem Flammeum, welches Fruchtbarkeit und Liebe garantieren sollte. Heute noch tragen in Europa die neugriechischen, die albanischen und armenischen Bräute rote Brautschleier. In China wird die Braut in einem roten Brautkleid und einer roten Sänfte zum Ort der Hochzeitsfeier getragen. Dort schreitet sie auf einem roten Teppich ihrem Bräutigam entgegen und dieser begrüßt sie, in dem er ihren roten Seidenschleier hebt. Wenn ein Kind geboren wird, überbringen die Nachbarn dem glücklichen Paar rote Eier, als Zeichen für Glück und Wohlergehen.  
   
Die rote Rose gilt als das Symbol der Liebe und Treue. Nach der griechischen Sage sollen rote Rosen aus dem Blut des Adonis, der auf der Jagd von einem wilden Eber getötet wurde, entstanden sein. Bei den Griechen war die Rose Sinnbild für Wachsen und Vergehen in der Natur, aber auch für Liebe und Zuneigung. Sie war der Aphrodite, der griechischen Liebesgöttin und Tochter der Zeus und der römischen Göttin Venus geweiht. Im Christentum wird die rote Rose mit dem Kreuz und dem vergossenen Blut in Verbindung gebracht.  
   
Nicht immer war die Farbe Rot positiv besetzt: Die biblischen Israeliten bestrichen ihre Türpfosten mit rotem Blut zur Abschreckung von Dämonen. Im alten Ägypten galt Rot als Farbe der Wüste und des zerstörerischen Gottes Seth, der das Böse verkörperte. „Rotmachen“ bedeutete soviel wie töten, üble Machenschaften wurden als „rote Dinge“ bezeichnet. In einem alten, ägyptischen Zauberspruch wird die Erlösung von dem Bösen gefordert: „O Isis, erlöse mich, befreie mich aus der Hand aller schlechten, bösen, roten Dinge!“ Die Papyrusschreiber verwendeten für üble Wörter eine eigene, rote Schreibflüssigkeit.  
   
Positive und negative Eigenschaften sind im Phönix, dem Feuervogel, vereint. Er symbolisierte in Ägypten, aber auch in China und Mittelamerika Erneuerung und Reinigung. In China hieß er „zinnoberroter Vogel“ oder „die Substanz der Flamme“ und verhieß Glück und langes Leben. Im Symbol des Phönix verbindet sich das zerstörende Feuersymbol des Hasses und des Krieges mit seiner lebensspendenden Wirkung und Wiedergeburt. Der Vogel übergibt sich dem Feuer und geht aus ihm gereinigt und mit neuer Lebenskraft daraus hervor. 
   
Die Farbe Rot in der Alchemie 
In der Vorstellung der Alchemie war die gesamte Materie belebt. Die Alchemisten glaubten, dass das Entstehen von roter Farbe ein lebendiger Prozess ist, der Motor für dieses Leben waren die in der Materie wirkenden Kräfte. Die Farbe Rot erregte ihre besondere Aufmerksamkeit. Der Herstellungsprozess des roten Pigments Zinnoberrot aus Quecksilber und Schwefel war den Alchemisten in allen Einzelheiten zugänglich. Sie hielten Zinnober und Quecksilber für Vorstufen des sogenannten „Stein der Weisen“. Darunter stellten sie sich einen magischen Stoff vor, der die Fähigkeit besaß, aus bestimmten Metallen durch eine Umwandlung, der Transmutation, Gold zu erzeugen. Außerdem schrieb man dem Besitzer dieses Steines magische Fähigkeiten zu. Der Prozess des Suchens nach dem Stein des Weisens kann auch als Symbol für die Suche nach dem eigenen, persönlichen Lebensweg verstanden werden. Die Herstellung des imaginären Stoffes erfolgte in vielen, komplizierten, teilweise magischen, Arbeitsschritten. Die Vollendung des „großen Werkes“ war an einer Rötung, der „Rubedo“, zu erkennen. Der Stein der Weisen hieß auch in Anlehnung an die Farbe Rot „Roter Löwe“ oder das „Große Rote Wasser“.  
   
  
Kolloidales Gold
 

 
Gold in kolloidaler Form ist rot gefärbt.
 
   
Rot und Purpur, die Farben der Macht 
Bei den Römern galt Purpur als ein Symbol der Macht. Nur der Kaiser durfte ein mit echtem Purpur gefärbtes Gewand tragen. Die Senatoren mussten sich mit einem purpurnen Band an der Toga begnügen. Wie bei den römischen Kaisern war das Tragen von purpurnen Gewändern bei den deutschen Kaisern ein Statussymbol der Macht. Ursprünglich entsprach die Farbe des Purpurs einem Violett. Da der echte Purpur extrem teuer war, benutzte man zunehmend den roten Farbstoff Scharlachrot, der aus der Kermeslaus gewonnen werden konnte. Aus diesem Grunde erlangte die Farbe Rot allmählich ihren Status als Machtsymbol.  Bis zur Französischen Revolution bestimmte in Europa eine Kleiderordnung, wer was und welche Farben tragen durfte. Reine Farben waren ausschließlich den Reichen aus dem Adelsstand vorbehalten. Die Gewinnung der reinen Farben aus den Naturfarbstoffen war außerordentlich schwierig, da die gängigen Farbstoffe kein feuriges Rot hervorbrachten. Erst durch komplizierte Färbeverfahren gelang es, intensive Rottöne zu erreichen. Geheimnisumwoben war die langwierige und aufwändige Prozedur für eine Färbung mit Türkischrot. Im Mittelalter war es den Adligen vorbehalten, rote Mäntel zu tragen.  
   
Mit der Einbuße der wirtschaftlichen Macht des Adels und mit dem Aufkommen von neuen Färbeverfahren verlor die Farbe Rot allmählich ihr Statussymbol und war nun nicht mehr ausschließlich den Königen, Kardinälen, Richtern und Henkern, die mit ihren roten Roben ihre Funktion als Herrscher über Leben und Tod signalisierten, vorbehalten. Bis ins 19. Jahrhundert blieb Rot eine beliebte Farbe für Soldatenuniformen. Noch heute tragen die Richter des Bundesverfassungsgerichtes einen Talar aus roter Wolle. 
   
Das negative Rot 
Im Mittelalter wurde Maria noch mit roten Haaren gemalt und Engel traten in roten Gewändern auf. Ab 1500 wandelte sich jedoch die überaus positive Rolle der Farbe Rot, wie sie sie bei den Jagdvölkern der Steinzeit und später bei den Germanen noch besaß. Der germanische Gewittergott Donar hatte rote Haare und man glaubte, dass er Blitze aussandte, sobald er in seinen roten Bart blies. Alle rot gefärbten Tiere, wie das Rotkehlchen, der Fuchs oder das Eichhörnchen galten als dem Donar heilig. Feurig rot war auch der Bart und die Augen des Jagdgottes Wotan. Mit der Einführung des Christentums wurde die Bedeutung des Rot bei den beiden germanischen Göttern abgewertet. Aus ihnen wurde die Gestalt des Teufels mit roten Haaren und rotem Bart. Frauen mit roten Haaren galten als Dirnen oder Hexen, und die Mohnblume wurde zur Teufelsblume. Das Christentum bediente sich eines Feindbildes und versuchte die Sexualität, mit der die Farbe Rot ebenfalls assoziiert wurde, zu verteufeln. Die Haare der Maria wurden blond. Alte Sprichwörter besagen: „Rotes Haar, böses Haar!“ oder „Roter Bart – Teufelsart!“ Diese diskriminierenden Vorstellungen sind bis heute bei einigen Mitgliedern der Landbevölkerung lebendig geblieben.  
   
Die Wirkung der Farbe Rot wurde in der Vergangenheit immer wieder für politische Zwecke eingesetzt. Sie ist die häufigste Farbe der Flaggen, da sie von weitem am besten gesehen wird. In der russischen Revolution im Jahre 1907 wurde die rote Fahne zum Symbol für Sozialismus und Kommunismus. Rot war in kalten Ländern wie Russland von jeher eine positiv besetzte Farbe. Der „rote Platz“ in Moskau hieß auch „schöner Platz“ und die „rote Armee“ nannte man auch „herrliche Armee“. Das russische Wort krasnaja bedeutet gleichzeitig „rot und schön“. Im Westen dagegen ist das politische Rot negativ besetzt. Man spricht von „roter Gefahr“ oder von den „Roten“, der politischen Linken. Das schwarze Hakenkreuz war bei den Nationalsozialisten mit einer roten Grundfarbe hinterlegt. Hitler wollte damit einen psychologischen Bezug zur Arbeiterbewegung herstellen. 
   
Wirkung der Farbe Rot
Aufgrund ihrer wohltuenden und wärmenden Wirkung wird die Farbe Rot zu Heilzwecken eingesetzt. Allgemein wirkt sie anregend und appetitfördernd. Schon die bloße Wahrnehmung der Farbe Rot erhöht den menschlichen Stoffwechsel. Sie ist die Lieblingsfarbe der Kinder. Die Psychotherapie macht sich die Farbe Rot zunutze, um blockierte Fähigkeiten zur konstruktiven Aggression und zum Ausleben von Sexualität zu lösen. Die Farbe kann aber auch destruktive Aggressionen und Gewaltbereitschaft auslösen. Die von dem Künstler Barnett Newman ausgestellten, riesigen Leinwände mit großem Rotanteil wurden von Betrachtern angegriffen und beschädigt. Die Stierkämpfer in Spanien reizen die Stiere mit roten Tüchern, doch dies ist ein Trugschluss, den Stiere sind farbenblind und würden auch auf andere Farben reagieren. Sie reagieren lediglich auf die Bewegung der Torreros. Rot ist die Farbe der Gefühlsausbrüche: Wenn man sich schämt oder wenn man wütend wird, errötet man. Wer die Kontrolle über sich selbst verliert, „sieht rot“.  
   
Im Straßenverkehr signalisiert die Farbe Rot Gefahr. Rote Ampeln verbieten das Weiterfahren oder -gehen, rote Bremslichter und Alarmknöpfe sind ebenfalls rot. Die Signalwirkung der Farbe Rot wird im Tierreich erfolgreich zur Arterkennung, bei der Balz oder als Warnfarbe eingesetzt. Die Werbung setzt die Wirkung der Farbe Rot ein, in dem sie Assoziationen zu erotischen Reizen erweckt. Rote Lippen und rote Autos werden gerne gezeigt. Das Rot des Coca Colas suggeriert hohe Wirksamkeit und Power. Die Farbe Rot ist jedoch aufgrund ihrer Aufdringlichkeit in der Werbung nicht ganz so beliebt wie die Farbe Blau. 
   
Weitere Infos
Farbcodes und Farbbezeichnungen zur Farbe Rot 
Geschichte und Gewinnung des Purpurs 
Färben mit Cochenille oder Krapp 
Die Farbe Violett
   
Pigmente
 
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