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Michael Faraday
Autoren: Thomas Seilnacht und Peter Buck
 
Faraday
 
geboren am 22. September 1791 in Newington bei London
gestorben am 25. August 1867 im königlichen Park von Hampton Court

 
Lebenslauf

Michael Faraday wurde als drittes von vier Geschwistern in London geboren. Sein Vater war Hufschmied; die Familie lebte in sehr bescheidenen Verhältnissen. Der Buchhändler und Buchbinder Ribeau erkannte die Verlässlichkeit seines 13-jährigen Zeitungsausträgers Michael Faraday, so dass er ihm eine Lehrstelle als Buchbinder anbot, und – was für Faradays Lebensweg noch entscheidender war – er erlaubte ihm nach Feierabend in den Büchern seiner Buchhandlung zu lesen. Es waren vor allem zwei besondere Bücher, die ihn anregten: Isaac Watts „The Improvement of the Mind“, das wohl den Grundstock für Faradays penible Denk- und Arbeitsweise legte, und die "Conversations on Chemistry" einer Miss Marcet, in dem zwei junge Frauen sich über chemische Phänomene unterhalten. Von einem Kunden der Buchhandlung bekam er Eintrittskarten für öffentliche Vorträge des Chemieprofessors Humphry Davy, die wiederum zur Folge hatten, dass er sich der City Philosophical Society anschloss, einer Gruppe junger Leute, die naturwissenschaftliche Abendvorträge hörte oder selbst veranstaltete und diskutierte. Hier eignete er sich sein Wissen autodidaktisch an. Er schrieb es in selbst angelegte Heften nieder, ordnete es dabei eigenständig neu und ging auch andere Wege der Darstellung. Diese Aufzeichnungen sollten ihm den Weg für eine interessante Arbeitsstelle ebnen.  

Im Jahre 1813 stellte ihn Humphry Davy als Laboratoriumsgehilfen bei der Royal Institution in London ein. Die Beziehung zu Davy war nicht ganz unproblematisch, denn Frau Davy aus den englischen feinen Kreisen achtete auf die damals sorgfältig gepflegte Distanz, während der bereits anerkannte Chemiker Davy die Leistungen seines Laborgehilfen durchaus als eigenständige Leistungen schätzte. Davy nahm Faraday als Assistenten mit auf eine ausgedehnten Europareise, die Besuche bei allen damals führenden Chemikern und Physikern beinhaltete. Zurück in England (1815) bekam Faraday eine Anstellung, die man heute wohl als "Planstelle" bezeichnen würde: Er wurde verantwortlich für die mineralogische Sammlung und die Wartung der Versuchsapparaturen der Royal Institution of Great Britain. Nach Feierabend und in seiner Freizeit konnte sich Faraday ganz seiner Wissenschaft widmen, denn er hatte sich vertraglich zusichern lassen, dass er die Laborgeräte des Instituts dafür benutzen durfte.  
  
1821, im Jahre seiner Heirat mit Sarah Barnard (später glücklich, aber kinderlos verheiratet), wurde er zum „Superintendent of the House“ ernannt und konnte eine Dienstwohnung in der Royal Institution beziehen. 1825 ernannte man ihn – ohne je auf einer Universität studiert zu haben – auf Grund seiner zahlreichen erfolgreichen praktischen und theoretischen Untersuchungen zum Direktor der Royal Institution und 1833 zum ersten Fullerian Professor of Chemistry, eine der wenigen Ehrungen, die Faraday in seinem Leben angenommen hat. Die meisten Ehrungen hat er abgelehnt. Dabei war sich Faraday durchaus seiner Qualitäten bewusst; er empfand sie indessen als Geschenk und nicht als Verdienst. Als Professor für Chemie wirkte er von 1830 bis 1851 an der Royal Military Academy in Woolwich – Generationen von Offizieren haben bei ihm Chemie gelernt. 

Während seiner Arbeit ging Faraday rücksichtslos mit seinen eigenen gesundheitlichen Ressourcen um, so dass er im Alter von 48 Jahren einen schweren Zusammenbruch erlitt. Eine Reise durch die Schweiz stellte die Kräfte wieder her, doch Faradays Gedächtnis litt zunehmend an Vergesslichkeit, die er im Anfang systematisch zu kompensieren verstand. Als 70jähriger trat er von seinen letzten Ämtern aufgrund seiner Gedächtnisschwäche zurück. Sechs Jahre später starb er in seinem Haus im königlichen Park von Hampton Court.   

Werk

Der überwiegende Teil der Arbeiten an der Royal Institution waren Auftragsarbeiten verschiedenster Auftraggeber; sie betrafen den Bergbau und die Bergbausicherheit, die Effektivität von Leuchttürmen, die Stahlproduktion und die Eigenschaften optischer Gläser und zahlreiche andere Gebiete, auch militärische und zivile Gutachten wurden angefragt. Im Zuge dieser Untersuchungen entdeckte Faraday  eine neue Flüssigkeit, die später den Namen Benzol erhalten sollte (siehe Herstellung von Benzol). Es war bei der Pyrolyse von Walrat entstanden, in einem kommerziell genutzten Verfahren zur Herstellung von „transportierbarem Gas“. Neben der Verflüssigung von elementarem Chlor war dies eine seiner ersten und bedeutendsten chemischen Arbeiten. Da Faraday ein sehr genauer Beobachter war – und ein ganz exzellenter Experimentator dazu – gehen auf ihn unzählige kleinere, aber im praktischen Leben bedeutsame Erfindungen zurück. Er hat es strikt abgelehnt, irgendeine davon patentieren zu lassen, denn er war überzeugt, dass sie allesamt auf den Naturgesetzen beruhten, die Gott allen Menschen zur Nutzung übergeben habe. Alleine die Patentierung der „elektromagnetischen Rotation“, Faradays Apparat und sein Prinzip des Elektromotors, hätte ihn steinreich machen können. So konnte stattdessen Werner von Siemens (1816-1892) seine Chance nutzen und mit der Patentierung der Dynamomaschine ein industrielles Imperium aufbauen. 
  
Berühmt wurde Faraday allerdings durch die Verursachung und Beschreibung dieses elektromagnetischen Phänomens. Im Jahre 1821 hatte der dänische Chemiker Hans Christian Oersted (1777-1851) den Elektromagnetismus entdeckt. Faraday führte vertiefende Experimente durch: Beim Leiten von elektrischem Strom durch eine ringförmige Anordnung trat um den Draht eine magnetische Kraft in kreisförmiger Bewegung auf. Faraday nannte diese zunächst "Elektromagnetische Rotation". Diese Beobachtung führte schließlich zur Entdeckung der elektromagnetischen Induktion im Jahre 1831. Es handelte sich dabei um eine gänzlich unspektakuläre Beobachtung einer winzigen Bewegung – sie genügte, ihn die volle Tragweite des elektromagnetischen Induktionsgesetzes erkennen zu lassen.  
  
Im Jahre 1832 folgten die Gesetze der Elektrolyse, die auch als Faradaysche Gesetze bekannt wurden. Faraday, der zu dieser Zeit noch nicht deutlich den Unterschied zwischen Spannung und Stromstärke erkannt hatte, elektrolysierte systematisch verschiedene Lösungen und variierte Stromstärke, Spannung und Einwirkungsdauer und bestimmte die entstandenen Stoffmengen. Heute formuliert man seine Gesetze der Elektrolyse so:  
 
1. Faradaysches Gesetz: Die bei einer Elektrolyse an den Elektroden abgeschiedenen Stoffmengen sind proportional zu der durch die Elektrolytlösung geflossenen Elektrizitätsmenge, also der Stromstärke und der Zeitdauer. Die Stoffmengen sind proportional zu der durch die Elektrolytlösung gegangenen Ladung Q. Beispiel: Bei der Elektrolyse einer Zinkiodidlösung entsteht die doppelte Menge an Zink, wenn die Elektrolysedauer t oder die Stromstärke I verdoppelt wird:

Q = I × t 


2. Faradaysches Gesetz: Die durch die gleiche Elektrizitätsmenge in Elektrolytlösungen erzeugten Stoffmengen unterschiedlicher Stoffe sind chemisch äquivalent. Um die Stoffmenge 1 Mol eines Stoffes zu erhalten, benötigt man die Ladung:

Q = 1mol × z × F

Bemerkungen: z ist die Zahl der Elektronen, die bei der Entstehung eines Teilchens ausgetauscht werden und F ist die Faradaykonstante 1F = 96485,33289 Coulomb pro Mol.
 
1845 entdeckte er den nach ihm benannten Faraday-Effekt, bei dem die Ausbreitung von Licht durch ein Magnetfeld beeinflusst wird. Dazu legte er einen Stab aus schwerem Bleiglas in eine Drahtspule. Die Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht drehte sich beim Stromdurchfluss durch das entstehende Magnetfeld. Die Entdeckung wurde von Faradays Überzeugung geleitet, dass Wärme, Licht, Elektrizität und Magnetismus in einem engen Zusammenhang stehen müssen.  
 
Nicht nur die Elektrochemie begründet sich auf Faradays Arbeiten, sondern auch die Kolloidchemie. Vor allem aber ist seine Idee des elektrischen und magnetischen Feldes außerordentlich fruchtbar gewesen. Heute gebräuchliche Begriffe der Elektrochemie wie Elektrolyt, Elektrode, Ionen, Anionen oder Kationen wurden von Faraday geprägt. Die elektrische Einheit der Kapazität Farad ist nach Faraday benannt.  
  
Durch Experimente fand Faraday auch heraus, dass sich die Ladung bei elektrischen Leitern nur an der Außenseite konzentriert. Daraus konnte ein metallischer Käfig aus einem Drahtgeflecht konstruiert werden, bei dem der Innenraum von äußeren elektrischen Feldern und elektromagnetischen Wellen abgeschirmt ist. Ein heutiges Auto stellt beispielsweise einen solchen Faradayschen Käfig dar. Bei einem Blitzeinschlag sind die darin befindlichen Personen nicht gefährdet. Heute gibt es dazu auch zahlreiche andere praktische Anwendungen. So schützt bei den Koaxialkabeln für den Fernsehempfang eine Umhüllung aus Kabelgeflecht den Innenleiter vor Störungen. Blitzableiter nutzen den von Faraday entdeckten Effekt der Konzentration von Ladungen an exponierten Stellen.  
  
Von chemiedidaktischer Bedeutung sind Faradays Vorlesungen über die chemische „Naturgeschichte“ einer Kerze“ (Lectures on the Chemical History of a Candle, 1861 – gemeint ist der „Werde- und Vergehegang einer Kerze“) und über „Die Kräfte der Natur“ („On the various forces of nature and their relations to each other“). Diese beiden brillant ausgearbeiteten Lehrstücke werden bis heute von Didaktikern im Unterricht in zahlreichen Variationen eingesetzt.  
 
 
Empfehlenswerte und im Unterricht verwendbare Literatur

  • Bühler/Graf (Hg.): Lesetexte Chemie 2 (Auszüge aus Jane Marcets Buch), Stuttgart 2003 
  • Faraday, Michael: Naturgeschichte einer Kerze, Bad Salzdethfurth 1980
  • Faraday, Michael: Die Kräfte der Natur, Bad Salzdethfurth 1984
  • Lemmerich, Jost: Michael Faraday 1971-1867 - Erforscher der Elektrizität. München 1991
 

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