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Wachstumsformen der Quarze

Quarz kristallisiert im trigonalen Kristallsystem. Die beim Herkimerquarz (Bild 1) und dem schwarzen Morion (Bild 2) senkrechten Achsen kommen bei einer Drehung dreimal zur Deckung (unter Vernachlässigung der Verzerrungen). Die Tracht eines Quarzkristalls setzt sich aus einer Kombination mehrerer Grundformen zusammen. Die (auf den Bildern) senkrechten Flächen entsprechen dem Prisma, die größeren schrägen Flächen der Kristallspitze sind in der Regel dem Rhomboeder zuzuordnen. Die Quarze aus Rémuzat im französischen Départmement Drôme wachsen in Tonseptarien, sie werden als „Mirabeau-Diamanten“ bezeichnet (Bild 3).




Ein Bergkristall bildet sich während den Kristallisationsprozessen bei Temperaturen unter 573 °C, man bezeichnet den gewöhnlichen Quarz auch als Tieftemperaturquarz oder α-Quarz. Ein Hochtemperaturquarz oder β-Quarz bildet seine Kristalle bei Temperaturen über 573 °C. Ein Tridymit ist ein Hochquarz, der bei Temperaturen über 867 °C kristallisiert (Bild 4, Tridymit aus Vechec in der Slowakei). Die Kristalle kristallisieren dabei nach einem anderen Kristallsystem. Über 1470 °C entsteht Cristobalit. Manche Stufen aus Dalnegorsk zählen zu den β-Quarzen, deren Kristalle sich bereits bei Temperaturen über 573 °C gebildet haben und deren Form beim Abkühlen erhalten geblieben ist (Bild 5).




Sind bei einem Quarz die Rhomboederflächen besonders steil, spricht man von einem Tessiner Habitus oder von einem Binntaler Habitus. Solche Kristalle sind meistens horizontal gestreift. Zu sehen ist das bei der Stufe auf Bild 6 vom Ofenhorn im Binntal. Trapezoederflächen finden sich an einem Quarzkristall oft an den Ecken der Kristallspitzen. Die Dipyramide ist relativ selten zu sehen (Pfeil, Bild 7). Bei dieser Stufe tritt die eine Rhomboederfläche des linken Kristalls (dort wo der Lichtstrahl auftritt) übergroß auf. Man nennt diese Form auch Dauphiné-Habitus. Ein langprismatischer Habitus führt zu einem Nadelquarz, die Grundform des Prismas ist hier sehr langgezogen (Bild 8).
Die Bergkristalle aus Brasilien zeigen gelegentlich Wachstumsanomalien, an denen die Dreh-Symmetrie der Kristalle zu erkennen sind. Die Grübchen auf Bild 9 sind nacht rechts offen und kennzeichnen den Bergkristall als Rechtsquarz.

 


Die Amethyste aus Boekenhouthoek in Südafrika zeigen eine große Formenvielfalt. Durch Baufehler entstehen viele einzelne Tochterkristalle. Man bezeichnet derartige Quarze auch als Artischockenquarz (Bilder 10 bis 12). Besonders ausgeprägtes Artischockenwachstum zeigen die Rauchquarze und Amethyste aus Namibia, zum Beispiel aus der Stippelmann Mine (Bild 13). Von Dalnegorsk (Bild 14) und Cavnic (Bild 15) sind ebenfalls wunderschöne Artischockenaggregate bekannt.
 
 


Relativ selten kommen Quarze auch als Stalaktit vor, zum Beispiel bei dem Amethyst aus Boekenhouthoek auf Bild 16. Ein Querschnitt durch einen stalaktitischen Amethyst aus Brasilien zeigt Bild 17. Bei der Stufe auf Bild 18 aus Marokko sind auf dem stalaktitisch ausgebildeten Chalcedon kleine Quarzkristalle in einer zweiten Generation aufgewachsen. Wächst auf einer ersten Generation der Kristalle in Richtung längs der Hauptachse eine zweite, junge Generation, erhält man einen Zepterquarz. Das Tochterkristall ist meistens klarer als das Mutterkristall (Bild 19, Val Cavrein in Graubünden). Besonders schöne Zepter mit Amethysten kommen aus Vera Cruz in Mexiko (Bild 20) oder auch aus den Goboboseb-Bergen in Namibia (Bild 21). Das Tochterkristall kann auch kleiner sein als das Mutterkristall wie das auf Bild 21 gut zu sehen ist.
  
 


Wird die kristallbildende Lösung in einer Kluft zu stark übersättigt, führt dies zu einem einseitigen Wachstum der Kanten und Rahmen an einem Kristall. Man bezeichnet einen solchen Quarz als Skelettquarz. In Zeiten, in der die Übersättigung in der Lösung nicht so stark ist, werden die tieferen Stellen mit Anwachslamellen überdeckt und es entsteht der typische „Fensterquarz“. Die berühmteste Fundstelle in der Schweiz ist das Val d'Illiez im Kanton Wallis (Bilder 22 und 23). Aufgrund der Wachstumsbedingungen kommen die Fensterquarze oft in Kombination mit dem Zepterwachstum oder auch als Artischockenquarz vor (Bild 23). Bei Sammlern besonders begehrt sind auch „Sternquarze“ oder „Quarzigel“, die aus einem körnigen Kristallkeim radialstrahlig wachsen (Stufe aus Peru, Bild 24). Ein Fadenquarz entsteht, wenn während des Kristallwachstums ein Kluftriss auftritt. Durch das Auseinandertriften der Kluft entsteht im Kristall ein Riss, der immer wieder ausheilt. Der Faden wächst in der Richtung wie die Kluft auseinandertriftet. Dieser Faden ist auf Bild 25 bei der Stufe vom Piz Beverin in Graubünden gut zu sehen. Kann die Öffnung nicht schnell genug durch die Kristallbildung gefüllt werden, entsteht ein stängeliger Fadenquarz (Bild 26, später ist auf den Fadenquarz-Stängel dann sogar noch ein Doppelender aufgewachsen). Verschiebt sich während des Aufreißens der Kluft die eine Seite, entstehen geknickte Fadenquarze (unterer Teil von Bild 27).
  
 


Die gewöhnlichen Quarze der Alpen wie der Rauchquarz aus dem Val Cavrein (Bild 28) zeigen oft einen Mosaikaufbau im Kristallgitter, der an den Streifungen der größeren Kristallflächen gut erkennbar ist (siehe Pfeil). Es handelt sich dabei um geringfügige Störungen im Kristallwachstum. Diese Quarze der Alpen nennt man Friedländerquarz. Wachsen die Kristalle längs einer Nebenachse und werden sie während dem Wachstum etwas gedreht oder gestreckt, erhält man ein Gwindel. Auf den Bildern 29 und 30 sind jeweils offene Gwindel abgebildet, die am Rand deutliche Einzelspitzen zeigen. Geschlossene Gwindel sind am Rand vollständig verschmolzen und haben eine durchgehende Kante. Die Ursachen für die wendeltreppenartigen Drehungen im Gwindel sind bis heute nicht schlüssig erklärt worden (Gwindel vom Ural, Bild 30).
 
 


Jakob Kindlimann

Der Strahler Jakob Kindlimann vor seiner Kluft im Val Russein.
Von dieser Kluft in Graubünden stammt das Stück aus Bild 29.
(Foto mit freundlicher Genehmigung Jakob Kindlimann)
 


Weitere Infos
Zwillinge beim Quarz
Mineralien-Steckbrief Quarz



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