THC, Delta-9-Tetrahydrocannabinol

Aufbau und chemische Eigenschaften

THC-Molekül
THC oder Δ9-Tetrahydrocannabinol ist das wirksamste Cannabinoid, das in der Hanfpflanze in Form der THC-Carbonsäure enthalten ist. Cannabinoide entstehen in der Pflanze durch eine Biosynthese aus Terpenphenolen. In der Hanfpflanze sind mehr als 100 weitere Cannabinoide enthalten, darunter auch Cannabidiol (CBD) mit einem Anteil von bis zu 40 % im Drogenextrakt. Die weiblichen Blüten der Hanfpflanze können 2 bis maximal 30 % THC enthalten. Von den vier möglichen Stereoisomeren besitzt das (−)-Δ9-trans-THC die höchste psychoaktive Wirksamkeit. Der reine Stoff ist in den Arzneimitteln unter der Bezeichnung Dronabinol bekannt. Das farblose Öl ist lipophil und löst sich gut in unpolaren Lösungsmitteln wie Benzin und Aceton oder auch in schwach polaren Lösungsmitteln wie Ethanol oder Isopropanol. Der Siedepunkt liegt bei 155–157 °C. Der Wirkstoff wird in der Leber relativ schnell abgebaut. Der menschliche Körper metabolisiert das THC wieder zu THC-Carbonsäure, die sich ins Fettgewebe einlagert.

Die gängigen Schnelltests für THC-Carbonsäure erfolgen über den Urin, manchmal auch über Speichel oder Schweiß. Nach Verkehrskontrollen werden bei Verdachtsfällen auch Bluttests vorgenommen. Bei einmaligem Konsum ist ein Nachweis noch 24 bis 36 Stunden danach möglich, bei regelmäßigem Konsum verlängert sich die Nachweisgrenze auf bis zu einer oder mehrere Wochen. In den Haaren ist – je nach Haarlänge – der Nachweis noch nach vielen Monaten oder Jahren möglich. Der Haartest gilt aber als unzuverlässig, da der Gebrauch von Hanfshampoos das Ergebnis verfälschen kann. Bei sportlicher Betätigung wird das Fettgewebe schnell abgebaut, so dass ein Schnelltest bei ehemaligen Konsumenten ein falsch-positives Ergebnis anzeigen kann.


Geschichte

Die Hanfpflanze Cannabis sativa mit ihren handförmig gelappten Blättern wird oft auch nur Cannabis genannt. Sie ist eine sehr alte Heilpflanze, die bereits im alten China eingesetzt wurde. Der chinesische Kaiser Shen Nung empfiehlt das Harz der weiblichen Pflanze bei zahlreichen Krankheiten wie Gicht, Malaria oder Verstopfung. Auch Hildegard von Bingen erwähnt den Hanf. Hanfsamen wurden bei archäologischen Ausgrabungen aus Schichten um 5500 vor Christus am Eisenberg bei Thüringen gefunden. Die Germanen setzten Hanf als rituelles Rauschmittel ein. Aus der Rinde der männlichen Pflanze gewinnt man Bast für Seile, Schnüre, Textilien oder Segeltuch. Aus dem Holz kann man Isoliermaterial oder sogar Papier herstellen. Aus der Nussfrucht lässt sich ein wertvolles Speiseöl pressen.

Zur Drogengewinnung dient die weibliche Hanfpflanze mit ihren haarförmigen Blüten die oben aus den Blattachseln entspringen. Die getrockneten weiblichen Blüten und die darum liegenden Blätter werden in der Drogenszene Marihuana oder Gras genannt und geraucht. Als Haschisch wird das gepresste Harz bezeichnet, das man aus den weiblichen Blüten gewinnen kann. Durch eine Extraktion der Blüten erhält man das rote Hanföl, das auch Haschischöl oder Cannabisöl genannt wird. Die männlichen Hanfpflanzen enthalten sehr viel weniger THC und sind für die Drogengewinnung nicht geeignet.

CBN (Cannabinol) und CBD (Cannabidiol) sind zwei weitere im Cannabis vorkommende Cannabinoide. CBN kommt vor allem in gealtertem Cannabis vor, im frischen Cannabis liegt es nur in Spuren vor. CBN ist nur schwach psychoaktiv, es ist in den meisten Ländern legal, während die Rechtslage beim CBD je nach Land unterschiedlich gehandhabt wird.

CBN-Molekül

Strukturformel Cannabinol, CBN
CBD-Molekül

Strukturformel Cannabidiol, CBD

1963 gelang dem israelischen Chemiker Raphael Mechoulam (*1930) die Isolierung von CBD, das eine angstlösende und entzündungshemmende Wirkung besitzt, aber nur wenig psychoaktiv ist. 1964 isolierte er erstmals THC aus Cannabis. Dass es Cannabinoid-Rezeptoren im Gehirn gibt, wurde erst 1988 entdeckt. 1992 fand Mechoulam das passende Cannabinoid, das er „Anandamid“ in Anlehnung an das sanskritische Wort ananada („Glückseligkeit“) benannte. Experimente ergaben, dass das entdeckte Endocannabinoid Arachidonoylethanolamid beruhigend auf Schweine wirkt und als natürliches Cannabinoid im Gehirn vorhanden ist.

In vielen Lehrwerken über Heilpflanzen aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erscheint der Hanf erstaunlicherweise nicht, stattdessen wird er oft unter den „Giftpflanzen“ aufgeführt. Dies liegt vor allem an den gesetzlichen Verboten für den Anbau der Pflanze und den Handel mit den Produkten. Der Anbau als gezüchteter Faserhanf mit einem Wirkstoffgehalt von weniger als 0,3 Prozent ist in Europa erlaubt, aber in einigen Ländern genehmigungspflichtig. Seit 1997 setzt sich die Arbeitsgemeinschaft IACM für eine medizinische Zulassung ein. Seit 2011 darf Hanf in Deutschland von Ärzten zu medizinischen Zwecken eingesetzt werden. Im Dezember 2021 beschloss die neue Regierung, dass die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in Deutschland legalisiert werden soll. In der Schweiz gilt zu diesem Zeitpunkt noch ein Verbot für Hanfprodukte mit einem THC-Gehalt über 1 %. Ein THC-Arzneimittel kann aber von einem Arzt für bestimmte Krankheiten verschrieben werden. Nach einem Beschluss des Bundesrates sind seit dem 15. Mai 2021 „Pilotversuche“ für den Eigenkonsum unter eidgenössischer Aufsicht möglich. In Österreich ist Cannabis zum Eigenkonsum nicht legalisiert. Als Ausnahme wird aber bei einem einmaligen Konsum von geringen Mengen die Strafverfolgung in einer ein bis zwei Jahre andauernden Probezeit auf Eis gelegt.


Wirkung auf den menschlichen Körper

THC ist eine psychoaktive Droge, die Rauschzustände mit Euphorie und Halluzinationen erzeugen kann. Die wirksame Dosis liegt bei 15 bis 20 Milligramm. Todesfälle durch akute Vergiftungen sind sehr selten, da die tödliche Dosis relativ hoch liegt. Als Nebenwirkung können Herzrasen, Mundtrockenheit, Müdigkeit oder aber auch eine innere Unruhe auftreten. Bei jungen Menschen besteht die Gefahr, dass sie antriebslos werden und das Interesse an ihrer Arbeit oder an den täglichen Aufgaben verlieren. Durch den Konsum sieht der Gesetzgeber eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit, so dass Fahrverbote oder Führerscheinentzug drohen. THC steht im Verdacht fruchtschädigend zu wirken.

Zum Wirkstoff liegen zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen vor, die dem Dronabinol ein enormes medizinisches Potenzial bescheinigen. Die für Arzneizwecke hergestellten Cannabisprodukte zeigen positive Wirkungen zum Beispiel bei Migräne, bei Multipler Sklerose, bei Autoimmunkrankheiten wie Morbus Crohn, bei Krebserkrankungen, bei Nebenwirkungen der Chemotherapie oder bei AIDS.


Bilder

Weibliche Hanfpflanze
Lupe
Weibliche Hanfpflanze Cannabis sativa mit haarförmigen Blüten in den Blattachseln
Männliche Hanfpflanze
Lupe
Männliche Hanfpflanze mit hängenden Pollensäcken

Literaturquellen

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Berger, Markus: Psychoaktive Drogen, Nachtschatten Verlag, Solothurn 2017
Dahm, Valeria: THC-Nachweisbarkeit, verfasst 2019, abgerufen 1/2022 auf: https://www.netdoktor.ch/diagnostik/drogentest/thc-nachweisbarkeit/
Falbe/Regitz (Hg.): Römpp Chemielexikon, Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York 1992
Köhler, Thomas: Rauschdrogen und andere psychotrope Substanzen, dgvt-Verlag, Tübingen 2014
Parnefjord, Ralph: Das Drogentaschenbuch, Thieme, Stuttgart 2005
Rätsch, Christian: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen, AT Verlag, Aarau 2004
Schäfer, Bernd: Naturstoffe in der chemischen Industrie, Elsevier, München 2007
Schmidbauer, Wolfgang und vom Scheidt, Jürgen: Handbuch der Rauschdrogen, Fischer, München 2003
Seilnacht, Thomas: Mediendatenbank Biologie, USB-Stick, Seilnacht Verlag & Atelier, Bern/Thun 2002–2022
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