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Georgius Agricola
 
Agricola

geboren am 24. März 1494 in Glauchau
gestorben am 21. November 1555 in Chemnitz

 
Lebenslauf

Am 24. März 1494 wurde in Glauchau an der Mulde dem Tuchmachermeister Georg Pawer ein Sohn geboren, der den Vornamen des Vaters erhielt. Georg Pawer junior studierte nach dem Besuch der Lateinschule in Chemnitz ab 1514 an der Universität Leipzig Philosophie, Philologie und Theologie. Nach einer Tätigkeit als Lehrer in Zwickau und weiteren Studien erwarb er in Padua und Venedig den Doktor der Medizin. Ab 1527 ließ sich Georg Agricola in St. Joachimsthal als Stadtarzt nieder. Dort wirkte er auch als Apotheker und Bergbau-Sachverständiger. In dem böhmischen Zentrum des Bergbaus untersuchte er die Heilwirkungen der Mineralien. Mit seinen Werken aus dieser Zeit begründete Agricola die Bergbau- und Hüttenkunde. Ab 1531 lebte er wieder in Chemnitz, wo er als Stadtarzt, Schulinspektor und später auch als Bürgermeister tätig war. 
 

Werk

Agricolas Hauptwerk stellen die Zwölf Bücher De Re Metallica Libri XII vom Bergbau und Hüttenwesen dar. Der vollständige Titel des Werkes, das 1550 in Chemnitz vollendet wurde, verdeutlicht den enzyklopädischen Charakter: "Zwölf Bücher vom Bergbau und Hüttenwesen, in denen die Ämter, Instrumente, Maschinen und alle Dinge, die zum Bergbau und Hüttenwesen gehören, nicht nur aufs deutlichste beschrieben, sondern auch durch Abbildungen, die am gehörigen Ort eingefügt sind, unter Angabe der lateinischen und deutschen Bezeichnungen aufs klarste vor Augen gestellt werden." Das komplette Buch erschien posthum nach dem lateinischen Erstdruck (Basel 1556) auch in deutscher Sprache (Basel 1557) und danach in zahlreichen Ausgaben. Agricola übernahm allerdings Teile aus dem von Biringuccio im Jahr 1540 veröffentlichten Buch "De La Pirotechnia Libri X". 
  
Mit den darin enthaltenen 273 Holzschnitten ist das Werk das erste Handbuch eines gewerblichen Berufszweiges (Beispiele siehe auch >Gewinnung von Kupfer). Zunächst wird die Bedeutung der bergmännischen Arbeit hervorgehoben. Das Werk beschreibt im Weiteren die Organisation des Bergbaus, die Geologie von Erzlagerstätten, sowie rechtliche Grundlagen. Es werden die benötigten Maschinen beschrieben und wie man erkennt, ob eine erschlossene Erzader ertragreich ist. Von großer Bedeutung für die chemische Verfahrenstechnik ist die Schilderung des Hüttenwesens zur Gewinnung von Gold, Silber, Kupfer, Blei, Zinn, Eisen (und Stahl), Quecksilber, Antimon und Wismut, sowie deren Reinigung (Scheidekunst). Das Werk endet mit einer Beschreibung der Salz- und Schwefelgewinnung und der Glasherstellung. Der nachfolgende Ausschnitt verdeutlicht beispielhaft, wie Agricola das gesamte Wissen seiner Zeit zusammenfasste: 
 



Holzschnitt zur Sublimation von Schwefel aus "De re metallica"
 

"Erze, die aus Schwefel und Erde, seltener aus anderen Mineralien bestehen, werden in bauchigen, irdenen Töpfen erhitzt (...) Zu je zweien dieser Töpfe (A) gehört ein einzelner Topf (B) von gleicher Größe und Form. Er hat keine Nase, aber drei Öffnungen, von denen zwei, die sich unterhalb des oberen Randes befinden, die Nasen der zwei Töpfe aufnehmen. Aus der dritten Öffnung, die an der entgegengesetzten Seite unten am Boden angebracht ist, fließt der Schwefel heraus (...) Man zündet dann das Brennholz (im Ofen) an und erhitzt das Erz, bis der Schwefel verdampft. Der aufsteigende Dampf geht durch die Nasen in den untergesetzten Topf und verdichtet sich zu Schwefel, der sich wie geschmolzenes Wachs auf den Boden setzt. Er fließt aus der (...) Bodenöffnung aus, und der Arbeiter macht kuchenförmige Stücke daraus, oder er formt Röhren oder Stäbe oder stellt Schwefelhölzer her, indem er kleine Holzstücke in den Schwefel eintaucht." (Textausschnitt aus "De re metallica") 
   
Anmerkung: Beim Erhitzen von Schwefelkies (Pyrit) unter Luftabschluss entstehen Schwefeldämpfe: FeS2 --->  FeS + S. Kommt Luft hinzu, reagiert der gebildete Schwefel sofort mit dem Luftsauerstoff weiter zu Schwefeldioxid. Aus diesem Grunde empfahl Agricola das Abdichten der Töpfe an den Deckeln mit Lehm. 
 
 
Agricola gilt als Begründer der Mineralogie als systematische Wissenschaft. Dies wird in seinen anderen Schriften deutlich, beispielsweise in "De ortu et causis subterraneorum" (1544), in "De natura eorum, quae effluunt exterra" (1545) oder in "De natura fossilium". In seiner Systematik unterscheidet er fünf Stoffgattungen: 
  • terrae (Erden)
  • lapides (Steine)
  • metalla (Erze)
  • succi concreti (feste Gemenge)
  • mista (Gemische)
Der persische Arzt und Philosoph Avicenna (980-1037) unterschied noch vier Gattungen und Albertus Magnus nur drei. Auch ergänzte Agricola die Siebenzahl der Metalle (Gold, Silber, Kupfer, Quecksilber, Zinn, Eisen, Blei) um das Metall Wismut (heute: Bismut). Nach Agricolas Meinung entstanden die Erze, bzw. die Metalle nicht aus Exhalationen (kondensierte Dünste), sondern aus Wasser und Erde, die im Erdinneren durch die Wärme eingedickt werden und sich an der kalten Erdoberfläche verfestigen. Obwohl Agricola noch nicht die genauen Vorgänge einer Kristallisation interpretieren konnte, führten seine Überlegungen auf den richtigen Weg. 
   
  
Literaturquellen
  • Darmstaedter, E.: Agricola, in Günther Bugge: Das Buch der großen Chemiker, Weinheim 1929
  • Prescher, Hans: Georgius Agricola, Faksimiledruck "Vom Bergwerck XII Bücher", Basel 1557 und Kommentarband, Leipzig 1985
  • Priesner, Claus und Figala, Karin: Alchemie, München 1998

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