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Tinte herstellen
 
Das Herstellungsrezept für die Eisengallustinte aus Galläpfeln ist schon seit dem Altertum bekannt. Es ist für die Schülerinnen und Schüler besonders interessant, da die Tinte direkt aus den verfügbaren Rohstoffen hergestellt wird und die einzelnen Prozesse deutlich zu sehen sind. Die Galläpfel werden zerkleinert und extrahiert, der Extrakt wird mit Eisen(II)-sulfat versetzt. Schreibt man mit dieser Tinte, ist sie zunächst hell, erst an der Luft entsteht die typische dunkle Farbe. Die Tinte gilt als außergewöhnlich dokumententecht, daher werden Staatsverträge heute immer noch damit unterschrieben.
  
   
Anregungen
Zum Einstieg kann man den Schülerinnen und Schülern alte Briefe oder Urkunden zeigen, die mit dieser Tinte geschrieben sind. Besonders interessant sind alte Briefe mit seltenen Briefmarken. Einige Briefe mit bekannten Marken der Altschweiz oder von Altdeutschland erzielen auf Auktionen hohe Preise. Die "Zürich 6" ist nach der "Zürich 4" die zweite Briefmarke der Schweiz. Sehr begehrt sind auch Briefe mit einem "Basler Täubchen" oder mit einer "Doppelgenf". Letztere können 30000 Franken oder je nach Erhaltung, Schnitt und Seltenheit des Stempels sogar erheblich mehr erzielen. Der "Schwarze Einser" ist die erste und berühmteste Briefmarke Deutschlands. Sie wurde am 1. November 1849 vom Königreich Bayern zum Nominalwert von einem Kreuzer ausgegeben. 
  
  
Faltbrief mit einer Zürich 6 Rappen, geschrieben mit Eisengallustinte



Dieser Brief ist am 9. Juni 1849 von Zürich nach Winterthur gelaufen.
Zumstein Nr. 2W III, mit waagerechtem Linienunterdruck, Foto: T. Seilnacht
 
  
Einige der alten Briefe zeigen das Phänomen des Tintenfraßes. Die Eisengallustinte zerfällt teilweise in Schwefelsäure und freie Eisen(II)-Ionen. Beide Zerfallsprodukte greifen die Cellulosefasern des Papiers an. Man kann mit den Schülern diskutieren, welche Möglichkeiten es gibt, dies zu verhindern (vgl. >Geschichte). Die Verwendung eines hochwertigen, säurebeständigen Papiers ist besonders bei Staatsverträgen oder wichtigen Urkunden von Bedeutung. 
  
Beim Herstellen der Eisengallustinte können verschiedene Varianten ausprobiert werden. Eine Experimentierreihe verdeutlicht die Wirkungsweise eines Gerbstoffes: 
  • Die Galläpfel lassen sich im Herbst in Eichenwäldern sammeln. Lässt man die frischen Galläpfel einen Tag lang in kaltem Wasser stehen, lösen sich die Gerbstoffe im Wasser. Das Kochen beschleunigt den Vorgang erheblich. Die Lösung färbt sich mit Universalindikator rötlich. 
  • Das angegebene >Rezept verwendet getrocknete Galläpfel, wie sie im Handel - beispielsweise bei Kremer-Pigmente - erhältlich sind. Die Zugabe von Gummiarabikum verhindert, dass der schwarze Eisen-Gallussäure-Komplex vorzeitig ausflockt.
  • Als Ersatz eignen sich Tanninpulver oder gerbstoffhaltige Rinden von Hölzern wie Weißdorn, Eiche, Fichte, Birke oder Kastanie. Auch mit Schwarztee lässt sich zusammen mit einer Eisen(II)-sulfatlösung eine Tinte herstellen. Man kann auch den Gerbstoffgehalt von Rotwein oder Kaffee überprüfen.
  • Legt man einen Eisennagel in einen gerbstoffhaltigen Extrakt, entsteht nach einigen Stunden eine schwarze Tinte. Legt man eine Rosskastanie in eine Eisen-(II)-sulfatlösung, gelingt der Effekt ebenfalls.
  • Blauviolette oder grüne Tinten erhält man mit alkoholischen Tanninlösungen.
  • Gibt man zu frischem Eiweiß von einem Hühnerei etwas Tannin oder von dem Galläpfelextrakt, fällt eine feste Masse aus. Nach mehreren Tagen tritt noch kein zersetzender Geruch auf, wie er bei einer unbehandelten Vergleichsprobe deutlich wahrnehmbar ist. Mit der Produktion von Gerbstoffen schützen sich die Pflanzen vor Fäulnis. Dies macht man sich beim Gerben von Leder zu Nutze.
  • Behandelt man Eisennägel mit Gerbstoffen, sind sie vor dem Rosten geschützt.
  • Alternativ kann man auch Tinten aus Pigmenten wie Flammruß und einem Bindemittel wie Gummiarabikum herstellen. Die japanische Kalligrafie verwendet beispielsweise Stangentuschen, die aus diesen Rohstoffen hergestellt sind.
Federkiele sind das traditionelle Schreibmittel für die Eisengallustinte. Geeignete Gänsefedern sind noch heute im Schreibwarenhandel erhältlich. Die Federn werden schräg angespitzt und in die Tinte getaucht. Es eignen sich dazu auch Stahlfedern. Die Federn der modernen Füllfederhalter sind ungeeignet, da sie verstopfen. Mit der selbst hergstellten Tinte lassen sich schöne Zeichnungen oder Schriften darstellen. Es ist von Bedeutung, dass die Schülerinnen und Schüler nicht nur einfach Tinte herstellen, sondern auch bildnerisch damit etwas gestalten. Je nach Schreibtechnik kann man dicke oder dünne Linien ziehen, auch Effekte wie Tintenkleckse können reizvoll sein. Die Kalligrafie stammt aus dem Fernen Osten, bei ihr geht es vor allem um das Darstellen von schöner Schrift. Sepia ist ein schwarzer Farbstoff, der aus den Tintenbeuteln von Tintenfischen gewonnen wird. Früher diente er zur Herstellung von Tuschen zum Zeichnen und zum Färben von Textilien. Heute wird er noch für Aquarellfarben und zum Färben von Nudelgerichten eingesetzt. Eine rote Tinte gewann man früher aus Annatto 
   
 
Rohstoffe zur Herstellung von Tinten oder Tuschen



Die Gerbstoffe aus den Galläpfeln und das Salz Eisen(II)-sulfat bilden eine Eisengallustinte.
Die Pigmente Flammruß und Sepia werden mit dem Bindemittel Gummiarabikum vermischt.
 
 
Interessant ist die Herstellung von Geheimtinten. Die Schüler können selbst ein Rezept erfinden oder sich auf die Suche nach entsprechenden Rezepten machen. Früher war dies von besonderer Bedeutung, wenn beispielsweise ein Liebesbrief nicht gelesen werden durfte oder wenn eine versteckte Botschaft in einem normal geschriebenen Brief enthalten war. Das Grundprinzip besteht darin, dass mit einer Komponente der Tinte geschrieben und die zweite Komponente erst im Nachhinein darüber gesprüht wird. So kann man mit dem Galläpfelextrakt etwas schreiben und danach Eisen(II)-sulfatlösung darüber streichen. Eine andere Möglichkeit wäre das Schreiben mit Zitronensaft. Die Schrift wird mit Blaukrautsaft oder mit einer anderen Indikatorlösung sichtbar gemacht.  
 
  
Arbeitsaufgaben 
  • Erfinde eine eigene Geheimtinte. Teste das Verfahren und beschreibe wie man die Schrift wieder sichtbar macht. Aufgrund von welcher chemischen Reaktion beruht das jeweilige Prinzip?
  • Entwickle einen „Tintenkiller“ für Eisengallustinte. Dieses Produkt ist vor allem für die Restauration von alten Schriften von Bedeutung, wenn mit Tinte verschmutzte Stellen gesäubert werden sollen.
  • Erläutere das Prinzip wie ein Gerbstoff funktioniert. Warum produzieren Pflanzen Gerbstoffe und welchen Zweck haben diese in den Galläpfeln?
   
Weitere Infos
Portrait Galläpfel 
Arbeitsanleitung zum Herstellen einer Tinte

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